Wie pflegebedürftige Menschen im Garten aufblühen

Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium lässt derzeit untersuchen, welche Wirkung Parks und Gärten auf unsere Gesundheit haben. Besonders die Kooperation mit Pflegeeinrichtungen zeigt diese eindeutig: In vielen Menschen wecken Duft und Ästhetik von Pflanzen alte Erinnerungen und neue Lebensgeister.

Früher steckten ihre Hände häufig in der Erde, ernteten Kartoffeln, trugen Blumen ins Haus, kochten das Essen für die Familie. Heute gibt es dazu kaum noch Gelegenheit, oft fehlt auch die Kraft. Außer montags – wenn Corinna Cieslik-Bischof in den Garten des Wohnstifts „An der Mühle“ bei Hannover kommt. Dann füllen sich Hände und Füße wieder mit Spannung. Cieslik-Bischof ist Gartentherapeutin, verfügt über einen 900 Quadratmeter großen, barrierefreien Therapiegarten in der Wedemark und bietet hier Fortbildungen und
Veranstaltungen zu Gartenbau und Umweltbildung an. Die meiste Zeit aber verbringt sie in Pflegeeinrichtungen wie dem Wohnstift „An der Mühle“, wo sie jeden Montag Menschen zur „Grünen Stunde“ empfängt. Sechs Bewohnerinnen und Bewohner waren es vor neun Jahren – jetzt stehen hier Hochbeete und Stauden und jede Woche kommen fast zwei Dutzend Menschen. „Blühende, duftende Blumen, die Muster oder Formen einzelner Blätter – all das weckt Erinnerungen und spricht kognitiv eingeschränkte Menschen wie Demenzerkrankte auf ganz unterschiedlichen Ebenen an“, erklärt Corinna Cieslik-Bischof. „Die Arbeit mit Pflanzen und Naturmaterialien gibt den Menschen Sicherheit und damit mehr Lebensfreude. Selbst wenn die Demenz schon fortgeschritten ist, sind Personen darüber ansprechbar. Einzelne Pflanzenteile aber auch die gesamte Ästhetik von Gärten und Parks wirken wir Türöffner für die Kommunikation, sie aktivieren die Menschen.“ Diese Wirkung bestätigen Untersuchungen, die die Büros Stadtlandschaft und freiraumforum Schoelkopf für die Studie „Gesunde Parks und Gärten“ im Auftrag des LandParks Lauenbrück ausgewertet haben. So wurden in einer Studie der Krankenkasse IKK und des Instituts Leistung Arbeit Gesundheit (ILAG) positive Auswirkungen auf die emotionale Befindlichkeit von Demenzerkrankten durch höhere Aufmerksamkeit und Freudeempfinden nachgewiesen. Weil das Angebot so niedrigschwellig ist und gleichzeitig zum Entwicklungsprozess der gesamten Einrichtung beiträgt, empfiehlt die Studie eindeutig, Gartentherapie in Kleingruppen für demenziell Erkrankte in Altenpflegeeinrichtungen anzubieten. Wichtig dafür aber sei eine gute Organisation. „Alle Arbeitsbereiche müssen um die Bedeutung der gartentherapeutischen Intervention wissen, dann entfaltet sie ihr volles Potential“, heißt es im Abschlussbericht. Um dieses Potential zu heben, lässt das niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die gesundheitsfördernde Wirkung von Parks und Gärten in Niedersachsen untersuchen. Über 100 Parks und Gärten haben Stadtlandschaft und freiraumforum Schoelkopf zusammen mit der Agentur pro-t-in durch persönliche Gespräche, Website-Analysen oder Besuche vor Ort katalogisiert und sieben Aktionsfelder ausgemacht, in denen die Parks und Gärten aktiv sind oder noch werden können. Eines davon ist das Feld „Pflege und Therapie“. Im Juni wird die Studie ihre Handlungsempfehlungen veröffentlichen.

„Die Studie ‚Gesunde Parks und Gärten‘ ist eine Grundlage für den Ausbau des Netzwerks Gartenhorizonte, das seit vielen Jahren besteht“, erklärt Natascha Manski, Pressesprecherin des Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums. „Das Netzwerk braucht eine Plattform, auf der sich Menschen aus den Feldern Gesundheit, Artenvielfalt, Tourismus und vielen mehr rund um die Garten- und Parkkultur vernetzen können. Ich hoffe, dass wir mit unserer Förderung erreichen, dass die Parks und Gärten in Niedersachsen bald viel mehr von ihrem spezifischen Wissen profitieren und eine große Wirkung auf die Themenfelder entfalten können.“ Corinna Cieslik-Bischof sieht die große Wirkung jeden Montag mit eigenen Augen. Die Lupinen und Irisblüten in ihrer Hand bewirken, dass sich Köpfe drehen, sich Arme bewegen und Hände greifen. „Das sind große Bewegungen für Menschen, die sich sonst kaum bewegen, das ist Freude am Leben – und die hat den größten Wert für unsere Gesundheit überhaupt“, ist Cieslik-Bischof überzeugt.

Insight: Gartentherapie im Wohnstift „An der Mühle“

Jeden Montagvormittag finden die gartentherapeutischen Interventionen mit Corinna Cieslik-Bischof im Wohnstift „An der Mühle“ in Uetze bei Hannover statt. Nach Absprache besteht die Möglichkeit, sich einen Eindruck von der Arbeit vor Ort zu verschaffen. Kontaktieren Sie Corinna Cieslik-Bischof direkt unter corinna@bischofs.com. Falls Sie sich für Gartentherapie an anderen Orten Niedersachsens interessieren, kontaktieren Sie uns gerne unter presse@gesundeparksundgaerten.de.

Insight: Ausbildung Gartentherapie

Bei der Firma „Garten und Therapie Büssenschütt“ in Thedinghausen findet an diesem Wochenende (28./29.05.2022) ein Blockseminar im Rahmen der Ausbildung zur Gartentherapeutin/zum Gartentherapeuten statt. Bei Interesse an Inhalten oder einem Besuch vor Ort, kontaktieren Sie Susanne Büssenschütt direkt unter mail@gartenundtherapie.de. Bei Interesse an weiteren Ausbildungsstätten für Gartentherapie in Niedersachsen, kontaktieren Sie uns gerne unter presse@gesundeparksundgaerten.de.